In Bayern gibt es die Tradition des Maibaum Aufstellens. Geht auf uralte archaische Bräuche zurück und ist fest verankert im kollektiven Bewusstsein der bayrischen Bevölkerung, sogar in den aufgeklärten städtischen Schichten (so sagt man).
Dabei wird im Ortszentrum ein weiß-blau angemalter Baumstamm befestigt und mit verschiedenen Zeremonien seiner Bestimmung übergeben. Dieses Stück Holz heißt Maibaum, weil er am 1. Mai aufgestellt gehört.

Er wird nicht im Juni wieder abgebaut, sondern bleibt mehrere Jahre an seinem Ort stehen, bis eine Kommission ihn als “nicht mehr verkehrssicher” klassifiziert. Dann wird er umgelegt und in Scheiben geschnitten, welche man käuflich erwerben kann, damit die laufenden Geschäfte des hiesigen Burschenvereins finanziert werden können.
Burschenverein
Burschenverein ist so ein Sammelbecken für die geschlechtsreifen, nicht verheirateten Männer einer bayrischen Gemeinde; wie ich selber beobachten konnte, werden diese häufig von gleichaltrigen Frauen begleitet. Männer, wie Frauen sind, getrennt nach Geschlecht, uniform gekleidet in sogenannter Tracht, die als traditionelle Kleidungstücke Namen führen wie, Lederhosn, Gwand, Haferlschuh, Gamsbart (kein Bart, den sich die jungen Männer ins Gesicht hängen sondern an den Hut stecken), Sonnabruin, etc.
Ein kausaler Zusammenhang zum Frühling und seinen sprichwörtlich bekannten Gefühlen ist naheliegend. Das begleitende Fest, das oft als “Tanz in den Mai” bezeichnet wird, kann nicht anders als ein Heiratsmarkt der Gemeinde interpretiert werden. Musik- und Drogenkonsum erleichtern die Brautschau.

Frühstart!
Heuer, 2018, wurde der Berg am Laimer Maibaum aufgestellt. Vermutlich aus terminlichen Gründen geschah dies jedoch schon am 28. April. Zwei Tage zu früh! Aber in Anbetracht der fortschreitenden Klimaerwärmung vollkommen berechtigt. Denn der Frühlingsbeginn war dieses Jahr extrem früh. Die Apfelblüte (bestimmt den Vollfrühling) in unserem Garten war bereits am 22. April (und wir haben einen Schattengarten).
Also wurde der Maibaum zum grünen Markt gefahren und in Anwesenheit einiger Honoratioren, Vereine, Blasmusik und Burschenvereinen aufgestellt.
Die Szenerie
In einem Halbkreis um den Schuh, in den der Maibaum sicher eingepasst wird, stehen in sicheren Abstand die Fahnenträger mit ihren Vereinskollegen. Händeschütteln, Servus, Grüß Gott und Hallo.

Die Kapelle, die Heufelder, spielt auf und ein paar Berg am Laimer Bürger, schunkeln mit ihren Kinder im Takt dazu.

Um kurz nach 10 Uhr tauchen ein Schwerlastkran und ein Steiger der Münchner Berufsfeuerwehr auf und halten neben dem Maibaumtransporter. Es kommt scheinbare Bewegung in die Runde.
Politprominenz
Währenddessen posiert die Politikprominenz: “Grüß Gott Frau Abgeordente” etc. die Presse ist auch anwesend. Die Ober sagen den Untern was zu tun ist und was sie bereits versäumt haben: “Had’s ned amal für a Trachtenhemd g’langt?”
Da wird die Jacke abgelegt, schnell noch am G’wand gezupft, man positioniert sich noch passend neben der Vereinsfahne und die Photoapparate klicken. Presse – ok, eigene BIlder schnell auf Instagram gepostet – Ois roger!

Derweil ein nächstest Gstanzl von den Heufeldern.
Der Marktplatz füllt sich nur mühsam. Auch in diesem Teil der Welt, geht das Interesse an Tradition verloren…

Doch die Rettung naht in Form der benachbarten Burschenvereine. Die Putzbrunner und Harthauser tauchen auf. Entspannte Tradition trifft auf gewollte, die ein bisschen bespöttelt werden, dass sie so ein “Stangerl” nur mit Hilfe der Feuerwehr nebst Maibaum-Schwerlastkran-Unterstützung “hoch bekommen”. Puh! Harter Tobak für unsere Jungs…
Aber die Kröte müssen sie schlucken, bei der Maibaumwache kurz weggeschaut und schon war das tonnenschwere Drum weg. Jetzt heißt’s gute Miene zum Spiel, 350 Maß Bier als Buße (so schnappte ich es auf, von einem Gespräch zwischen einem CSUler mit einem SPDler – ja, in Berg am Laim reden die miteinander.
Derweil hat die Feuerwehr den Baum in den Schuh gesetzt und beginnt mit der Errichtung des Maibaums.

Ein erster Gruß der Truderinger Böllerschützen weckte die letzten verschlafenen Teilnehmer auf.. Oha! Emanzipation lässt Grüßen – bei dieser Frauenquote wäre die CSU-Fraktion in Berlin fein raus.
letzter Akt
Nach ungeduldigem Warten, werden noch die letzten Schilder angebracht. Ich vergaß zu erwähnen, dass der Maibaum mit Tafeln bestückt wird. Ein Fingerzeig für die hiesigen Unternehmen, Verbände, Vereine, Kirchen (keine Moscheen, aber vielleicht kommt das noch eines Tages) und Spender. Diesmal ist, laut dem Parteiorgan der CSU “unser Berg am Laim” der großzügige Spender des Maibaums der Landtagsabgeordente Robert Brannekämper von der CSU (ich hoffe, dass dies die korrekte Bezeichnung für alle ist – bin aber gerne bereit für Korrekturen – übrigens findet sich auf eben erwähnter Website eine ähnliche, ich denke vergleichbare, ja ein bisschen ausführlichere Darstellung der Ereignisse in Berg am Laim).

Als um 11:30 der Baum endlich steht, böllern die Truderinger Böllerschützen was das Zeug hält. Ehrlich, so laut, dass kein Bild scharf geworden ist.

Danach ist für mich leider Schluß – andere terminliche Verpflichtungen (vgl. Münchner Berufsfeuerwehr) verhindern die Teilhabe an der Bayernhymne und der ökomenisch kirchlichen Segnung (tja, wieder kein Imam dabei und auch kein Rabbi, aber vielleicht waren die ja auch terminlich verhindert).
Resümee
Mein Verhältnis zur bayerischen Tradition bleibt ambivalent. Was ist Folklore, was sinnstiftend? Burschenschaften und Politiker waren die Hauptprotagonisten, das Volk aus dem Viertel hat es weniger interessiert.